Dienstag, 16. Januar 2007

Liedermacher-Festival Erfurt Part II

Nach einem verkaterten Aufwachen und mehrmaligem "Ich dreh die Parkscheibe weiter, Bullitesse!"-Spiel parke ich mein Auto um und mache mit Cosi Frühstück. So richtig kommt der Tag nicht in Tritt, und obwohl ich es mir immer so vorgestellt habe, das ich an diesem Samstag womöglich nicht weiß wohin mit meiner Zeit, komme ich nicht zum lesen, sondern nach nachmittaglichem Duschen sogar noch zu spät zum Bahnhof, um Sammy abzuholen zwecks Snooker.
Das ist echt das Weekend der kurzen Wege! Gewerkschaftshaus und Museumskeller keine 300m Luftlinie von der Wohnung von Cosi und Sven weg. Die Snooker-Spielhalle direkt nebenan, der Bäcker bei dem ich Sonntag Mittag Brötchen hole direkt gegenüber. Krank! Klasse :)

Während einer elend schlechten Session Snooker kommt Flo vorbei. Und letztlich nehmen wir Sammy spontan mit zum zweiten Teil des Liedermacherfestivals.
Ungläubig schaue ich in das Gewerkschaftshaus, das im vergleich zum Keller riesig ist. Umso unverständlicher, wie sich der Zuspruch übernacht angepasst zu haben scheint! Das Festival wird je nach Location gut besucht. Und das, obwohl an diesem Abend, wie Vicky Vomit später verkündet, ja zweitgleich Helge Schneider die Messehalle unsicher macht.

Wir suchen und ein paar schöne Plätze relativ weit vorn. Schnell wird klar, dass mit Alkohol diesmal nich so viel zu holen ist. Der Wein ist gleich 1 Euro teurer und aus der Acoustica-Erfahrung von Heilig Abend extrem ungenießbar, weil trocken. Also lieber Diesel. Ist zwar auch teuer, dafür aber sehr lecker. Leider in Plastikbechern, sodass man nicht mal ordentlich anstoßen kann.

Erster Anstoßpunkt des abends ist allerdings der selbsternannte Master of Hellfire. Totte nannte den am Abend zuvor auf die Frage "Moderierst Du Dich dann morgen selbst an?" noch einen "professionellen Moderator". Doch der erste Eindruck ruft maximal ein sehr geknautschtes Gesicht angesichts des rüpelhaften Depps auf der Bühne hervor. Er poltert förmlich durch eine viel zu lange Ansage, die kein wirkliches Konzept zu haben scheint. Pluspunkte sammelt er erst, als er sich mit der Gitarre hinsetzt und plötzlich seine Arme in Brand setzt. Dennoch, er lispelt immer wieder die gleichen Sätze und legt teilweise ob gewollt oder nicht einfach zu viel Betonung auf "deutschsprachiges Liedermacherfestival".

Überraschenderweise macht Vicky Vomit den Anfang und erntet bei mir Bewunderung und allgemein Begeisterung. Richtig freudig bin ich, als er als letztes Lied einen Wunsch erfüllen will und ein extrem altes Lied auspacken möchte. Und tatsächlich ist es das von mir so erhoffte "Omas Leiche", das einzige Lied, das ich von ihm schon kannte, und ich irgendwann in meiner frühen Jugend mal eine Weile rauf und runter gehört hatte. Echt geil!

Dann wieder der Spinner von Ansager. Er bricht sich einen ab endlich eine gewisse Janina anzusagen. Der ganze scheiß, den er sich zusammenlabert ist allerdings schnell vergessen, denn hier ist nun das absolute Highlight des Abends: ein Blondschopf mit Gitarre, die Haare unter der Kapuze einer Mischung aus Kapu und Minirock halbwegs versteckt betritt die Bühne und beginnt die Magie. Mit unheimlich weichem Gitarrenspiel, das an Patrice erinnerte und sanften Texten kommt sie daher. Schnell wird klar, dass es hier nicht um Poenten geht, sondern um reine Klasse. Es vergehen keine drei Lieder, da hat die kesse Blondin mit dem breiten Mund die Leute in ihren Bann gezogen. Und womit? Mit ihrer Stimme!!! Die ist wahrlich ein Hammer und scheint einfach jede vokalistische Hürde mit Leichtigkeit zu nehmen.
Absolut mitreißende Lieder aus den unterschiedlichsten Lebenslagen und immer wieder diese Stimme…
Richtig cool ist es als sie am Ende meint: "Ich spiele jetzt ein Lied, das jeder von euch kennt. Wer es als erstes erkennt, mit dem geh ich nach dem Konzert Schnaps trinken!". Die ersten Akkorde auf der Gitarre und mehrere Rufe aus dem Publikum rufen, was ich denke: Bob Marley's "No Women no cry", noch eine Sekunde Unsicherheit bei allen, dann singt sie "Well someone told me yesterday…" noch einen Wimpernschlag und aus mir platzt "So lonely!" förmlich heraus. Überall im Publikum machts klick, und sie meint nur: "Ich glaub mir müssen alle nachher Schnaps trinken!".
Ich bin irre aufgeregt, dass sie gerade eines meiner Lieblingslieder covert und kann vor Herzklopfen kaum die DigiCam ruhig halten. Man muss dazu sagen, dass sie es mit einer sehr kratzigen Stimme singt, als nicht ganz so toll, wie noch alles zuvor, aber dennoch grandios.
Einziger Kritikpunkt ist das etwas übersichtliche Themenarsenal der kleinen Kifferin. Ihr geht es vielleicht einen Strich zu viel ums Weed, aber das ist Geschmackssache. Ein wenig geschockt hat mich, dass die leicht verpeilten Ansagen zwischen den Liedern nicht von ungefähr zu kommen schienen. Aber soll sie halt…ist ja erst 21 oder so :)

Danach konnte es kaum noch besser werden. Klar habe ich das Konzert von Frische Mische, Totte und Rüdi genossen. Aber jeder, der schon einmal auf einem Monsters-Konzert war, weiß, das dies eine eher nücherne Variante war. Vielleich ist das ja auch ein wenig der Fluch…als Monsters so verdammt gut zu sein, das man allein auf der Bühne nicht mehr so sehr wirkt, wie in der Gemeinschaft. Vielleicht hätte es den Unterschied gemacht, wenn sie einfach mehr Bühnenzeit gehabt hätten. So hatte dass ganze festivaltypische Light-Version-Charakter, was im Angesicht dessen, was besonders die Monster so an Liedern in Petto haben eine echte Schande ist. Ein anderer Aspekt war das Publikum. Ich bin wohl etwas verwöhnt, aber ich kenne es eigentlich nur noch so, das alles lauthals mitsingt. Hier lief alles auf einer recht reservierten Grundlage ab. Dennoch war ich fast traurig als Totte nach relativ kurzer Zeit schon wieder die Bühne verließ.

Der Penner of Hellarschloch hatte zu dem Zeitpunkt bei mir schon gänzlich abgegessen. Ich fand es geschmacklos und ideenarm Frische Mische anzukündigen indem er auf der Bühne live einen Dübel baut und ihn dann auch noch jemandem aus dem Publikum andreht. In Worte gefasst klingt das eigentlich nicht schlecht, aber es war wohl hauptsächlich die Art und Weise, mit der er das Tat, was das ganze anmaßend und dümmlich rüberkommen ließ. Längst hatte ich mir die lockeren Ansagen von Totte wieder herbeigesehent, statt den Spinner, der zu dem Zeitpunkt, als Sammy leider zum Zug musste anfing rotzdämliche Profo-Sprüche á la "Wenn man mal richtig überlegt, dann sind Juden keinen Deut besser als Nazis!" rauszuposaunen und ohne irgendeine Auflösung im Raum stehen ließ. Faustingesicht! Kein Wunder das den seine Freundin dismissed hat!

Ach ja, ein Akt stand ja noch an…wie immer furchtbar angekündigt vom Depp. Eine gewisse Johanna Zeul, die sich schon während die Labertasche mit dem Seitenscheitel im Kopf sich noch weiter in die Scheiße ritt am Bühnenrand auf ihren Auftritt vorbereitete. Als sie endlich kam, ahnte ich nicht, dass dies die Lachnummer des Abends werden würde. Wenn ich mal damit anfange was positiv war, dann kann man da eindeutig sagen, dass die Tussi Gitarren spielen konnte. Aber an diesem Abend war das nun weißgott nix besonderes. Womit wir auch schon bei dem negativen Teil wären: das Mädchen zieht innerhalb der ersten 2 Minuten ihres Konzerts eine Show ab, wie sie peinlicher nicht sein konnte. Wie eine fünfjährige, der man die Zahnspange weggenommen hat hüpft sie hinter ihrem Mikro rum, humpelt sich durch ein sinnfreies Lied (auch egal, weil eh keiner mehr auf den Text achtete, bei soviel visueller Spastikeit). Ich schaue in die Zuschauer, die wie ich mit ungläubigen Blick und halb offenem Mund in Richtung Bühne starren und über deren Köpfen sich fragen wie: "Wo ist die Zwangsjacke?", "Welche Drogen?", "Warum haben die nicht Totte länger spielen lassen?" bildeten.
Trotz unzähliger Interludes mit spastischen Bewegungen (an dieser Stelle eine Entschuldigung an alle körperlich benachteiligten dieser Welt, aber anders konnte man das Gehampel von der nicht bezeichnen) und peinlichen Geräuschabgaben hielt ich mich mit Flo wacker. Dennoch saß der Schock so schwer, das ich völlig vergaß dieses Szenario auf Kamera festzuhalten, was mich heute tierisch ärgert. Hin und wieder blitzt in den Liedern auf, das die auch ein wirklich intensiver, guter Auftritt sein könnte, denn einige Lyrics sind einschlägig und bekommen von Johannas Stimme von nebenan einen sehr menschlichen Touch! Im nächsten Moment benimmt sie sich aber schon wieder wie ein Affe und will das alle es nachmachen.
Um den Auftritt auf den Punkt zu bringen: Johanna Zeul zelebriert Torrett-Liedermaching und bringt es dabei auf unerreichte Perfektion!
Als sie von dem sich stark gelichteten Saal plötzlich noch Publikumsbeteiligung erwartet ist's auch mit meiner Geduld am Ende. Dann lieber noch mal am Merch-Stand vorbei schlendern, Totte noch mit gutem Gewissen eine CD abkaufen und dann den Heimweg antreten.
Gewissermaßen hat die letzte Performance dem Abend keinen Stimmungsabbruch gegeben…vielmehr eine unvergessliche Note.
Fazit: Die Moral von der Geschicht ist eindeutig Janina, die ich sicher nicht zum letzten Mal live gesehen haben will, schon wegen ihrem Organ.
…hm…quasi ist sie die Oral von der Geschicht. (*warderschlecht*)

Der Abend endet mit Cosi und Birgitt (schlafend) vor dem Fernseher, wo wir uns noch belustigt von Müdigkeit den total schlechten "Octalus" anschauen. Das war irgendwie trashiger Kult.

Leider entscheide ich mich dagegen die Sache voll durchzuziehen und mir am Sonntag die offene Bühne zu geben…aber war sicher auch Klasse.
Jetzt freu ich mich erstmal auf Fulda und die Monsters im Frühling. :)

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Kommentator auf ES bei einem furchtbar schlechten Boxkampf während der 2.Runde: "Das wär ja schrecklich, wenn dieser Kampf über die volle Distanzt geht!"

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to be continued...


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