Sonntag, 4. Februar 2007

Absoluter Filmriss

Ich wache auf.
Ich starre an die Decke. Ich kenne sie nicht.
Kein Problem, sag ich mir, so was kommt vor, und gleich kommt die Erleuchtung. Als sie ausbleibt werde ich panisch. Ruckartig setze ich mich auf. Nicht aus Schrecken, sondern, weil ich es für angebracht halte. Normalerweise ist so was nicht nötig und normalerweise ist das die letzte Maßnahme, die man ergreifen muss um zu schnallen wo man ist. Ich verkneife mir das aus Faulheitsgründen meist. Man ist dann immer gleich so wach und die Belohnung ist meist ein "Ach klar, hier. Man, das wär mir in 10 Sekunden auch im Halbschlaf eingefallen"-Effekt.
Doch dieses Mal ist es absolut notwendig.
Selten genug kommt so was vor, aber dieses Mal mit unglaublicher Heftigkeit. Zunächst beruhigt es mich allein (und voll eingekleidet) in dem fremden Bett zu liegen, dann bewirkt es das Gegenteil. "Du bist doch mit Thomas nach Hause?" klopft es gegen meine Hirnrinde. Aber da klopft noch was anderes. Kopfschmerzen ohne Ende.
Mein Blick schweift durch den Raum. Gerade aus ein Schrank, rechts ein Schrank, daneben Geschenke, links ein Fenster, hinter mir ein biederes Bild, unter mir ein biederes Doppelbett, nur auf meiner Seite in Benutzung, die andere liegt mit allerlei Zeug voll.
Das Bild gibt mir den Rest, und mein Hirn schreit: "Ich kenne es nicht!"
Ich kenne nichts. Alles völlig unbekannt. Ich muss mir selbst eingestehen: "In diesem Raum bist Du das erste Mal in Deinem Leben. Du kannst weder sagen, wie Du ihn betreten hast, noch in welchem Haus er ist, und in welchem Ort dieses Haus steht." Und auch die Frage, ob ich denn wirklich mit Thomas nach Hause bin bleibt trotz intensiver Gedächtnisrecherche völlig offen. Für einen Augenblick halte ich sogar die Vorstellung bei jemand völlig anderem zu sein für denkbar. Zumindest die Situation bestätigt dies.
Das "Jemand" männlich ist, schließe ich aus. Das "Jemand" weiblich ist, und mich in einen separaten Raum legt, macht mir Angst.
Das Fenster wird meine Rettung. Ich springe auf und renne hin.
Dann die erste echte Erleichterung: ich bin in dem Haus von Thomas. Allerdings im Erdgeschoss. Dann kommen endlich einige Erinnerungen wieder. Ich war extrem betrunken, als wir bei Thomas ankamen. Die plötzliche Bewegungsarmut, die liegen und schlafen versuchen mit sich bringt manifestierte in mir einen ernstzunehmenden Brechreiz. Es muss wohl so etwas wie die berühmte Instinktintelligenz gewesen sein, die mich nicht eine Etage nach unten schickte, wo das elterliche Schlafzimmer direkt gegenüber vom Bad ist, sondern ins Erdgeschoss, in die Wohnung von Thomas seiner verstorbenen Oma. Ich weiß, dass ich beim Kotzen klinge wie ein Elch, sowohl vom Wortlaut, wie auch von der Dezibelzahl. Ein genialer Schachzug also, mich dort oral zu entleeren. Wahrscheinlich ist die Kotze auch noch Schwarz-Rot-Gold, denn genau dieser WM-Schnaps hatte mir den Rest gegeben. Doch das ist mein geringstes Problem. Beim Kotzen denke ich den berühmten Satz: "Nie wieder Alkohol!". Leider gibt es diverse Traditionen, quasi Rituale, beim Erbrechen, die man einfach nicht auslassen kann. Dazu gehört ganz eindeutig das allseits bekannte "Neben dem Klo einschlafen". Gekotzt, getan. Und ich rücke unter mir sogar noch die Badläufer zurecht, damit's nicht so kalt wird.
Diese Ermittlung des nächtlichen Ablaufs reicht mir vorerst soweit aus, das ich das Bett wieder herrichte (insofern ich das in meinem immer noch angetrunkenen Zustand gebacken kriege) und mich wieder in die dritte Etage schleiche. Die Zimmertür steht noch offen. Wahrscheinlich, weil ich sie offen ließ, in der Gewissheit "gleich" wieder zu kommen. Ich schaffe es wieder einzuschlafen und penne bis halb 12 durch. Als ich erwache meine ich Kotze zu riechen, und denke daran, dass das sicher mein Atem ist. Ich setze mich auf und schaue mit widerwilliger Neugier die Bilder auf meinem Photoapparat durch. Mit erschreckender Klarheit ist darunter auch eine Videoaufnahme, die sowohl das Corpus delikti (den WM Drink) als auch die Mädels zeigt, die mich erst auf die "geniale" Idee brachten, nach zwei Flaschen Wein nun noch mit Schnaps weiterzumachen. Irgendjemand hatte mir auch gesagt, dass das "Schwarze" das Schlimmste ist. Tut aber eigentlich nichts zur Sache.
Ich beschließe eventuell ab jetzt immer eine DigiCam auszupacken, wenn bei meinem Gehirn der Aufnahme-Knopf klemmt.
Bevor ich gehe, merke ich, das der unangenehme Geruch von den leeren Salatschüsseln ausgeht, und gar nicht nach Kotze riecht, sondern eben nach Salat.
Dann schleiche ich, für meinen Geschmack, unglaublich geräuschvoll die Treppe runter und raus zum Auto.

Zu Hause sorgt meine Story für die ersten Lacher. Allerdings wird mir auch jetzt erst klar, dass ich eigentlich immer noch nur 80% meiner eigenen Geschichte kenne. Mir fehlt genau genommen der entscheidende Teil zwischen Toilette einschlafen und Bett aufwachen. Auf die vorsichtige SMS-Frage an Thomas, ob ich denn irgendetwas zum gestrigen Abend wissen sollte, kommt nur ein "Nö, hast Dich benommen" zurück. DAS wage ich zu bezweifeln, antworte ich. Ich werde es ihm später beim Snooker erläutern. Aber vielleicht ist das dann schon nicht mehr nötig, denn wenn nicht gerade der wirklich unwahrscheinliche Fall eingetreten ist, das ich aufwachte, die Entscheidung fällte mich in dieses Bett zu legen und absolut nichts mehr zu wissen, dann ist die Sachlage wohl eher die, dass gar nicht ich diese Entscheidung getroffen habe, sondern es sich wohl eher um eine Art "parental decision" handelt.

Bleibt nur zu sagen: "It was an accident. I was having too much fun!"

"Alcohol is the hell of a drug!"

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Kommentator auf ES bei einem furchtbar schlechten Boxkampf während der 2.Runde: "Das wär ja schrecklich, wenn dieser Kampf über die volle Distanzt geht!"

Dennis Hirth zum Thema Rauchen in Gaststätten: "Wenn man getrennte Bereiche macht, dann aber bitte richtig getrennt, ansonsten ist das so, als wenn man Pisser und Nichtpisser im selben Schwimmbecken platziert!"

to be continued...


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